Unsertum: Das Muschelschmuckkästchen

Im Blog „Unsertum“ veröffentlichen wir Gegenstandsgeschichten aus dem wahren Leben.

Als ich acht Jahre alt war, hatte meine Mutter die Gelegenheit, eine Erholungskur an der Nordsee zu verbringen. Damals – der zweite Weltkrieg war noch nicht lange vorbei – war es etwas Besonderes eine Reise zu unternehmen, und dann noch an die See!

Für mich hieß es allerdings für vier Wochen bei Tante Emma zu bleiben, nicht gerade eine angenehme Vorstellung: Tante Emma war ewig schlecht gelaunt und hatte offenbar wenig Interesse an Kindern, zumindest nicht mir. Für mich hieß es auf „Tauchstation“ zu gehen, mich in mich zurück zu ziehen.

Die Zeit ging vorbei, vier Wochen sind zwar eine lange Zeit, aber nun auch nicht unendlich. Zur Freude und Erleichterung über meine Rückkehr in mein altes Leben kam noch eine Überraschung, eine besondere Freude:

Ich bekam ein Mitbringsel: ein kleines viereckiges Holzkästchen, der Deckel war verziert mit verschiedenen Muscheln, in der größten der Muscheln war „Norderney“ zu lesen. Ich war hingerissen, so etwas Schönes hatte ich selten gesehen, und schon gar nicht je besessen.

Von da an war das Kästchen Aufbewahrungsort für Schätze aus einem Kinderleben: Steine, Glasscherben, Federn, Stofffetzen, schönes Papier.

Im Laufe der Jahre verlor das Kästchen an Bedeutung und auch an Schönheit, etliche Muscheln gingen verloren. Das Kästchen verschwand in Schubladen, wo es in Ecken ein vergessenes Dasein fristete.

Bei diversen Aufräumaktionen wurde es wieder hervorgeholt, und es stellte sich immer wieder die Frage: behalten oder wegwerfen?