Im Blog „Unsertum“ veröffentlichen wir Gegenstandsgeschichten aus dem wahren Leben.
Kurz bevor ich zu diesem Geschichtenabend gekommen bin, hab’ ich den letzten Umzugskarton ausgepackt. Letzten Samstag bin ich von Bielefeld nach Bochum gezogen. Und so langsam ist alles ausgeräumt. Zumindest so grob. Bis auf die letzte Rumpelbox mit Krimskram. Halt die Gegenstände, die irgendwie wenig Verwendungszweck haben, aber wo mein emotionaler Bezug es mir unmöglich macht sie wegzugeben. Also hab’ ich die Kiste bis zuletzt ungeöffnet gelassen. Zumindest bis heute Abend. Nur um einen kleinen Einblick zu geben: Da war ein staubiges Trinkhorn drin, eine kaputte Lichterkette, die ich schon seit Monaten reparieren will und zu guter Letzt auch eine Schreibmaschine. Eine, die auch echt schön ist und das Beste – sogar funktioniert. Aber sie hat einen Haken. Sie stinkt. Und zwar ganz furchtbar. Ich kann sie nicht aus dem Koffer nehmen, sonst dauert es weniger als eine Stunde und die ganze Bude riecht nach säuerlichem Metall und ranziger Tinte.
Ich hab’ die Schreibmaschine geschenkt bekommen von einem Freund aus Norwegen. Seine Worte waren in etwa diese: „Das ist ’ne richtig schöne Schreibmaschine, aber sie hat einen Haken. Sie stinkt.“ Er meinte, dass er sie immer mal reinigen wollte, aber nie dazu gekommen ist.
Das war im Frühjahr 2018, als er sie mir mitgegeben hat. Sie hat mich anschließend auf meine letzten Tramptage von Oslo nach Göteburg, Kopenhagen, Ludwigshafen und schließlich in meine alte Heimat, die Eifel begleitet. (Ich hatte da meinen Backpack auf und diese Schreibmaschine in der Hand. Fast wie eine Autorin auf Reisen.) Dann ist sie mit mir nach Bielefeld gezogen. Und jetzt nach Bochum.
Wir haben jetzt das Frühjahr 2023 und sie stinkt immer noch.
Ich sollte noch mal den Versuch starten, sie zu reinigen, dass sie irgendwann noch mal was anderes als das Innenleben ihres Koffers sehen kann.